"Warten... auf nichts."
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Lange
lassen uns unsere Freunde von leaves. nicht warten. Sofort dröhnt das
Quietschen aus dem Verstärker. Eine kratzende Stimme folgt. "Vergessene
Erinnerungen verwalten. Den inneren Speicher abschalten", heißt es, bevor
das Jenaer Trio uns gewaltigen Post-Hardcore um die Ohren knallt. Früh merkt
hier der Spaß-Punker, dass er an der falschen Adresse ist. Stattdessen gibt es gleich
an der nächsten Ecke eine Überraschung: leaves. gewähren uns nicht einmal eine
Minute lang Zeit, da ertönt ein weiteres Stimmlein. Hier haben wir auch schon
das wichtigste Alleinstellungsmerkmal der Band. Während andere Gruppen dieser
Musikrichtung oftmals nur einen Sänger vorzeigen können, der sich bemüht, so
genau wie möglich seinen Lieblingsgenregrößen nachzueifern und dabei in die
totale Beliebigkeit abrutscht, finden wir bei leaves. gleich zwei absolut
charaktereigene Stimmen. Diese bringen die wütende Grundstimmung und düstere
Melancholie des Debüt-Albums perfekt zur Geltung.
Wo wir auch schon bei der Thematik wären. In oftmals sehr kurzen und kryptischen Zeilen fangen die Jungs persönliche Geschichten ein oder weisen auf aktuelle soziale Missstände hin. Sei es die verlorene Freundschaft bei 1999, die Schwierigkeit des Erwachsenwerdens in einer vom System bestimmten Gesellschaft bei kinder ≠ menschen oder ein Statement zur anhaltenden Flüchtlingsthematik auf tausende. Gerade das letztgenannte Stück zeigt äußerst eindrucksvoll, wie man kurz, aber effektiv ein Problem auf den Punkt bringen kann: "Tausende flüchten und tausende sterben." Es geht hier nicht um irgendwelche Zahlen oder Statistiken. Es gibt nichts zu diskutieren. Es geht hier einfach um Menschlichkeit, die schon viel zu lange auf der Strecke bleibt. All diese Geschichten werden solide zwischen bebenden Wänden aus breiten Gitarren, dem laut abgemischten, verzerrten Bass und den die Songs schnörkellos vorantreibenden Drums verpackt. So ergeben sich wie beispielsweise bei ausrasten (jetzt) harte Mosh-Parts, aber auch ruhigere Post-Rock-Passagen, wie beispielsweise im Outro von veritas. Letztere bringen jedoch vielleicht auch ein Manko mit sich: Der neunte und komplett instrumental gehaltene Song blessur bremst gegen Ende hin das Album etwas ein.
Unterm Strich bieten uns leaves. eine halbe Stunde chaotischen Punkrock mit minimalen, aber effektiven Texten. Dabei wird die Wut, Trauer und Ratlosigkeit in fast jedem Moment perfekt in Szene gesetzt.
- Christian
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